Ethisches Leitbild
Präambel
Das vorliegende ethische Leitbild spiegelt wesentliche Grundlagen und Inhalte unseres ethischen Selbstverständnisses wider. Es dient dazu, unsere Positionen transparent zu machen und bietet so eine Gesprächsgrundlage.
Grundlagen
- Die Gnade Gottes als Ausgangspunkt der Ethik
Als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom Neues Leben e.V. sind wir dem Auftrag Jesu verpflichtet, sein Evangelium in dieser Welt bekanntzumachen und Menschen zur Nachfolge Jesu einzuladen. Nachfolge Jesu beinhaltet, die Wahrheit des Evangeliums persönlich anzunehmen, aber auch das Einüben einer Lebensweise, die Jesu Werte widerspiegelt. Quelle und Grundlage dafür ist die Gnade Gottes, die uns in Jesus Christus erschienen ist. Als Empfänger dieser Gnade sind wir neue Menschen und finden unsere Identität in Jesus.
- Die Offenbarung des dreieinigen Gottes als Quelle und Autorität:
Als christliche Gemeinschaft leben wir in Gemeinschaft mit dem dreieinigen Gott – dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist. Als solche stellen wir uns bewusst unter die Herrschaft Jesu Christi, die alle Lebensbereiche des Einzelnen und der Gesellschaft umfasst. Ein ethisches Leitbild im Sinne Jesu gründet auf der Offenbarung Gottes im Alten und Neuen Testament. In der altkirchlichen und reformatorischen Tradition der Kirche sind uns grundlegende Prinzipien davon überliefert.
In dieser Hinsicht sehen wir es nicht als unsere Aufgabe, selbst ein ethisches Leitbild zu entwerfen oder ethisch-moralische Wertmaßstäbe zu erfinden, sondern dieses Leitbild von Gott her zu erkennen, wie er es uns in der Heiligen Schrift offenbart hat. Es ist die Sache Gottes, der uns geschaffen hat, uns zu zeigen, wozu wir geschaffen sind, und uns auf seinen Weg zu führen.
Die christliche Ethik erwächst aus der Offenbarung Gottes und aus seiner Vision für unser Leben. Eine christliche Ethik ist dem Evangelium, das uns Menschen durch den Heiligen Geist in die Beziehung mit Christus bringt, inhärent und wird durch dieses gestärkt. Sie wird dabei immer nach dem Besten für den Einzelnen und die Gesellschaft streben.
Kerninhalte einer christlichen Ethik
- Die Liebe als höchstes Gebot
Als christliche Gemeinschaft bekräftigen wir, dass wir alle Beziehungen zu unseren Nächsten ernst nehmen und versuchen wollen, sie im Licht unserer biblischen und theologischen Verpflichtungen zu verstehen und zu leben. Wir wollen die weitreichenden Implikationen des "neuen Menschseins in Christus" annehmen und unsere Nächsten lieben wie uns selbst. Dies impliziert mindestens zwei Imperative:
- Zum einen ist es ein Gebot, andere einzubeziehen und anzunehmen, gastfreundlich und respektvoll gegenüber denen zu sein, die anders sind als wir. Diese Offenheit und dieser Respekt beziehen sich auch auf diejenigen, die sich in Bezug auf ihr Geschlecht, ihre ethnische Zugehörigkeit oder ihren sozialen Status (vgl. Galater 3,28) sowie konfessionelle und theologische Verpflichtungen und Perspektiven von uns unterscheiden.
- Zum anderen ist es wichtig, uns selbst und einander herauszufordern und zu korrigieren, wenn wir Haltungen einnehmen oder Verhaltensweisen an den Tag legen, die nicht im Einklang mit einer christlichen Ethik stehen. Wir ermutigen einander im Streben nach Heiligung. Wir sollten die Liebe zu unseren Nächsten nicht mit Gleichgültigkeit oder gar Billigung von Sünde verwechseln, noch sollten wir aus falsch verstandener Liebe zu unseren Nächsten zögern, sie zum Guten zu bewegen. So wollen wir mit den Mitgliedern unserer Gemeinschaft in einem Kontext von Liebe und Wahrheit und der Bereitschaft zu Vergebung und Bevollmächtigung miteinander unterwegs sein.
- Konkretionen einer christlichen Ethik
Es ist an dieser Stelle natürlich nicht möglich, eine biblisch-theologisch umfassende Ethik zu formulieren. Sie umfasst für uns aber folgende Kernsätze:
- Eine Haltung gegenüber unserem Nächsten, die von Tugenden wie Sanftmut, Barmherzigkeit, Friedfertigkeit, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Demut und Selbstbeherrschung geprägt ist (Matthäus 5,1-12; Galater 5,22).
- Entscheidungen und Handlungen, die von dem Bemühen um Gerechtigkeit geprägt sind und darauf abzielen, diese Gerechtigkeit im Namen derer zu fördern, denen sie vorenthalten wird. (3. Mose 19,15; 5. Mose 16,19; 24,17; Amos 5,24).
- Entscheidungen und Handlungen, die von der Liebe zu der guten Schöpfung, die Gott geschaffen hat, und von der Sorge um sie geprägt sind (1. Mose 2,15; Psalm 8).
- Entscheidungen und Handlungen, die von der Ehrfurcht vor dem menschlichen Leben geprägt sind, von der Empfängnis bis zum Tod (Psalm 139,13-16).
- Entscheidungen und Handlungen, die von der Einsicht geprägt sind, dass unsere Sexualität innerhalb des von Gott gestifteten Bundes zwischen Mann und Frau ausgelebt werden soll (1. Mose 2,18-24; Matthäus 19,1-12)
- Entscheidungen und Handlungen, die von einem dankbaren Vertrauen auf Gott geprägt sind und zu einem ehrlichen, verantwortungsvollen und großzügigen Umgang mit den von Gott geschenkten Ressourcen führen (Matthäus 6,25-34; Lukas 16,9-13; 1. Korinther 9,6-15).
- Entscheidungen und Handlungen, die von der Bereitschaft geprägt sind, dem Gemeinwohl zu dienen und sich der Regierung in angemessener Weise zu unterstellen (Jer 29,7; Apg 5,29; Röm 13,1-7).
Die christliche Ethik umfasst nach unserer Überzeugung alle oben genannten Punkte. Wir glauben, dass das Streben nach Heiligung entscheidend ist und dass dies auch das Streben nach Gerechtigkeit oder der Bewahrung der Schöpfung einschließt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es unsere Verantwortung ist, Gott und seine Schöpfung auf all die vielen Arten zu lieben, zu denen wir berufen sind, und dabei auf "den ganzen Willen Gottes" zu achten (Apostelgeschichte 20,27).
Für die Ausbildung am Theologischen Seminar Rheinland bedeutet dies:
- Ganzheitliche Veränderung:
Als christliche Gemeinschaft geht es uns in der theologischen Ausbildung nicht nur darum, Wissen zu erwerben. Theologische Ausbildung soll Gottes Wort und dem Heiligen Geist Raum geben, Menschen ganzheitlich zu verändern („Kopf, Herz und Hand“), damit sie Christus ähnlicher und in Gottes Vision für ihr Leben hineinwachsen. In diese Gemeinschaft heißen wir unsere Studierenden willkommen. Sie sind eingeladen, sich uns eine Zeit lang anzuschließen, in der Hoffnung, dass unser Studienangebote sie in der Nachfolge Jesu voranbringen und ihr theologisches Verständnis vertiefen. Wir streben gemeinsam nach etwas Größerem und Heiligen, das das von dem christlichen Kerngedanken der Gottes- und Nächstenliebe getragen wird.
- Theologische Gastfreundschaft:
Das TSR heißt Studierende aus allen christlichen Konfessionen, Denominationen und Hintergründen willkommen und versucht, ein Umfeld zu schaffen, in dem alle Studierenden ermutigt werden, sich in respektvollen, unvoreingenommenen und demütigen Gesprächen auf der Suche nach der Wahrheit zu engagieren, während wir versuchen, durch die Heilige Schrift geformt und erneuert zu werden.
- Streben nach Exzellenz und Integrität:
Als Lerngemeinschaft streben wir danach, unsere Kompetenzen in allen Lebensbereichen zu erweitern und vertiefen. Gesunde Selbstreflexion, integrative Wissensverarbeitung und das iterative Anpassen des Lernprozesses bilden dabei eine wesentliche Grundlage für die Fähigkeit und Bereitschaft des lebenslangen Lernens. Studierende, Lehrende und Mentoren bemühen sich in diesem Prozess um Exzellenz. Dies beinhaltet auch die Bereitschaft zur (wissenschaftlichen) Integrität: Verantwortlichkeit und Sorgfalt bei der Forschung; Ehrlichkeit und Transparenz in der Auseinandersetzung mit den Themen; sowie Fairness und Demut im Umgang mit anderen Positionen.
(Dieser Entwurf ist wesentlichen Teilen von der Moral Vision des Regent College, Vancouver inspiriert)
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